Viele Grüße aus Irland

Unsere ehrenamtliche Mitarbeiterin, Victoria Burkl, grüßt mit einem Bericht aus Irland.

Familie, Freunde, Koffer packen

 

Die Praktikumswoche Anfang November, lang ist es her und trotzdem noch so präsent. Dank meiner Schwester war es auch sehr einfach einen Praktikumsplatz zu finden. Sie war 2020 bis 2021 als Au-pair bei einer Familie in Limerick und als diese und im Sommer in Deutschland besucht hat, haben sie angeboten, dass ich gerne zu ihnen kommen könnte, und dann finden wir einen Platz für mich. Dank ihnen durfte ich dann eine Woche im Pflegeheim helfen, welches der Familie gehört. Zuerst war ich ziemlich skeptisch. Ich wusste ja nicht, was auf mich zukommen würde, aber gleichzeitig habe ich mich auch total gefreut eine Woche „Urlaub“ zu haben, die Kinder wieder zu sehen und das deutsche Au-pair kennenzulernen, das aktuell bei ihnen wohnt.
Meine Gastmutter hat mich dann am Wochenende nach Limerick gefahren. Je näher wir dem Ort kamen, desto aufgeregter wurde ich. Ich habe mich mental schon auf ein Haus vorbereitet, mit Gekicher, Geschrei und natürlich auch ein bisschen Chaos. Einfach Familienleben. Aber als wir ankamen, war es leise. Mark, der Vater, war mit den Kindern unterwegs und nur Fiona, die Mutter, und das Au-pair Chiara waren da. Ich kam zur Tür rein und habe mich sofort wohl gefühlt, obwohl ich erst einmal im Haus war und das war zwei Jahre her. Nachdem meine Gastmutter gefahren ist, habe ich mit Fiona erst mal ein paar Sachen geklärt. Wie es morgens ablaufen wird, die Sache mit dem Essen, Tagesablauf, wo ich schlafen werde, und und und. Chiara und ich haben uns auch auf Anhieb super verstanden. Ich vermute, dass es daran liegt, dass wir sofort eine Gemeinsamkeit gefunden haben, die Musik.
Irgendwann war dann die ganze Familie wieder da und ich habe mich so gefreut sie alle wieder zu sehen. Abends haben wir dann, wie es sein muss bei einer Farmer-Familie, eine Farm Dokumentation geschaut. Nachdem ich diese aber schon in der Schule gesehen hatte, bin ich relativ früh ins Bett gegangen. Ich hatte ja meinen ersten Tag in der Arbeit.
Ich bin froh, dass Fiona mich am nächsten Morgen mit ins Pflegeheim begleitet hat. Ich war so nervös. Aber ich hatte eigentlich gar keinen Grund, ich wurde sofort mit offenen Armen empfangen. Meine Aufgabe für die Woche war es, bei den Aktivitäten mitzuhelfen, die Senioren beschäftigen und ein bisschen Schwung in ihr Leben bringen. Als ich die Information dann hatte, wurde ich ziemlich zuversichtlich. Ich habe mich darauf verlassen, dass mir meine Erfahrungen in der Konfiarbeit und im Dekanat helfen werden. Fast alle Bewohner des Heims sind dement. Das war für mich auch eine neue Erfahrung, aber dem entsprechend waren die Ansprüche auch nicht so hoch. Teilweise war schon einfaches Ball zuwerfen oder eine Runde um das Haus laufen genug, um die Bewohner glücklich zu machen. Wir sind auch mal mit ein paar Damen in die nächste Stadt Tipperary gefahren, um die Weihnachtsgeschenke für ihre Enkel zu besorgen. Danach wurden wir auch noch auf einen Kaffee und einen Cookie eingeladen. Dafür bleibe ich gerne länger in der Arbeit. Wenn wir nicht unterwegs waren, haben wir angefangen Weihnachtsdekoration zu basteln. Kleine Rentiere aus Holzblöcken und kleinen Ästen mit einer stumpfen Säge und einem wackeligen Tisch ist gar nicht so einfach, aber wir haben es ohne Verletzungen geschafft und ich finde sie sehen ziemlich süß aus. Ein anderes Mal waren wir nochmal unterwegs, weil das Finale Spiel der Saison zwischen zwei Schulen in irischem Fußball war, bei dem unter anderem auch die älteste Tochter von Fiona und Mark gespielt hat. Die ganze Familie ist gekommen, um sie zu unterstützen und ich durfte das während der Arbeitszeit auch und das fand ich super.
Kurz zusammengefasst fand ich das Praktikum richtig super. Ich habe so viele Erfahrungen gesammelt und so viel gelernt. Nicht nur wie unterschiedlich Demenz sein kann und wie unterschiedlich sich das auf verschiedene Leben auswirken kann, sondern auch, dass ich manchmal Gedanken lesen muss, um zu wissen, was jemand braucht und wie ich Menschen unterstützen kann.
Am meisten im Kopf geblieben ist mir Father Tom. Er war mal Pfarrer und legt sehr großen Wert darauf, dass er jeden Tag um 12 Uhr ein Gebet sprechen darf, bei dem jeder zuhört und niemand sonst spricht. Ich habe die Woche über sehr viel Zeit mit ihm verbracht, weil er noch ziemlich mobil ist und so auch alles mitmachen kann. Ich habe ihm erzählt, dass ich nur für eine Woche Praktikum da bin und eigentlich aus Deutschland bin. Auch wenn er es im Laufe der Tage immer wieder vergessen hat, war er doch jedes Mal genau so begeistert davon, wenn ich es ihm erzählt habe. Am Ende der Woche hat er sich sogar Teile merken können. Auch wenn ich dann teilweise aus Norwegen kam, fand ich es trotzdem total süß, dass er sich merken konnte, dass ich nicht irisch bin.
Die Zeit nach der Arbeit mit den Kindern habe ich auch richtig genossen. Verstecken im Dunkeln, als wir keinen Strom hatten, bei Handständen zuschauen, Make-up verpasst bekommen oder mit den Buldogs vom Kleinsten spielen – ich war gut beschäftigt.

Zwei Wochen später sind Charlotte und ich dann vormittags mit dem Bus nach Galway gefahren, weil dort der Weihnachtsmarkt geöffnet hat. Dort wollten wir aber erst abends hin, wenn die Lichter dann besser zu sehen sind. Also haben wir uns einen schönen Tag gemacht mit verschiedenen Stationen. Zuerst sind wir zu dem blauen Haus gelaufen, in dem Ed Sheeran das Musikvideo zu seinem Lied „Galway Girl“ gedreht hat. Da Galway direkt an der Westküste Irlands liegt, war es ziemlich windig. Nachdem wir dann ein veganes Café ausprobiert haben, um uns zu stärken, haben wir uns auf den Weg Richtung Strand gemacht. Badewetter war natürlich nicht aber die Nase war sofort frei. Als nächstes wollten wir zu einem Leuchtturm auf einer Insel im Meer laufen, welcher mit einer Brücke mit der größeren Insel verbunden war. „Betreten der Verbindungsbrücke auf eigene Gefahr“, war ein Schild am Anfang der Brücke. Wir haben uns dann nochmal überlegt, ob wir wirklich rüber laufen sollen, aber nachdem bis auf den Wind alles ruhig war, haben wir uns dafür entschieden. Je weiter wir auf das Meer rausgelaufen sind, desto windiger wurde es. Irgendwann habe ich meine Mütze abgenommen, damit sie nicht von meinem Kopf gepustet wird, danach hatte ich meine Haare dann aber überall. Auf die Insel sind wir aber gar nicht gekommen, weil das Tor abgesperrt war, also sind wir wieder zurückgelaufen. Nachdem es dann auch schon angefangen hat zu dämmern, haben wir uns auf den Weg zum Weihnachtsmarkt gemacht. Das Gefühl dort war super. Alle waren fröhlich gestimmt, ein Chor hat im Hintergrund gesungen, die weihnachtlichen Lichter überall und die verschiedenen Düfte. Mein Crêpe war zwar total vergoldet, aber er hat geschmeckt. Wir wollten eigentlich auch noch mit dem Riesenrad dort fahren, aber die Schlange war so lang, dass wir das nicht geschafft hätten. Wir sind dann schon einmal zurück zum Busbahnhof gelaufen, weil wir auch ziemlich platt waren.
Die Schule ging nebenher auch immer weiter, mit Kuchenverkäufen, Musical-Proben und anderen Aktionen. Ich habe dann auch angefangen mein Zimmer zu schmücken, denn wenn ich schon einmal in der Vorweihnachtszeit nicht mit Schulaufgaben überschüttet werde, muss ich das ja auch ausnutzen und genießen.
Der nächste große Tag für mich war dann ein internationaler Backwettbewerb an der Schule, bei dem ich mitmachen wollte. Dafür habe ich ein bayrisches Lebkuchenhaus gemacht und verziert. Es ist sogar extra eine externe Jury gekommen, um den Junior und Senior Wettbewerb zu bewerten. Am Ende des Tages durfte ich mit einer Urkunde nach Hause gehen. Und was wäre die Weihnachtszeit ohne Stollen? Unvorstellbar bei der Familie Burkl. Deswegen habe ich in einem Paket ein paar Zutaten zugeschickt bekommen, um Stollen backen zu können. Dafür habe ich am ersten Dezemberwochenende meine Freundin Aoibhin eingeladen und wir standen von 11 bis 18:30 Uhr in der Küche, um 6kg Teig zu verarbeiten. Natürlich hat sie dann auch einen Stollen mitbekommen.
Am nächsten Wochenende bin ich dann mit dem Zug nach Dublin gefahren, weil ich mich dort mit Chiara und ihren Freundinnen getroffen habe. Gemeinsam haben wir dann verschiedene Stationen in Dublin abgeklappert, wie Dublin Castle, das Trinity College, verschiedene Kirchen und Kathedralen, Bücherläden, den Lego Store Marsh’s Library und vieles mehr. Drei Au-pairs und Vicky als Küken war schon eine lustige Mischung, aber wir haben uns alle super verstanden und nachdem Chiara schon ein paar Mal in Dublin war, hatte sie auch einen ziemlich guten Plan, was jeweils unser nächster Stopp ist.

Mitte Dezember kam dann mein nächster Programmpunkt. Long-Distace Planung für die Christmette. Mir war es super wichtig, dass ich bei der Christmette in Schönberg mitmachen kann, weil das für mich einfach ein Teil von Weihnachten ist. Dank meiner Mutter und moderner Technologie konnte ich dann, über einen Videoanruf, bei der Planung dabei sein.

Die Adventszeit ist wie immer sehr schnell vergangen und so kam der 22. Dezember schneller als gedacht und somit auch der letzte Schultag des Jahres. Zum Glück hatten wir nur einen halben Schultag und waren somit schon um 13 Uhr daheim statt um halb vier. Ich habe noch Hannah und Molly eingeladen, nach der Schule mit zu mir zu kommen, um die Ferien einzuläuten. Nach einem kurzen Einkauf für unser Mittagessen und einer Kocheinheit, haben wir uns gemeinsam einen Weihnachtsfilm angeschaut.
Am nächsten Morgen war ich dann schon ganz früh wieder fit, um meine Taschen für den Flug fertig zu packen. Meine Gastmutter hat angeboten, dass sie mich zum Flughafen fahren könnte. Zusätzlich haben wir noch Elena, die spanische Gastschwester von Charlotte, mitgenommen, nachdem sie auch abends geflogen ist und sonst den Bus nach Dublin hätte, nehmen müssen, was mit Koffern und alleine natürlich nicht so toll ist.
Sie ist mit einer Gruppe ihrer Agentur geflogen, und damit ich nicht alleine bin, habe ich mich ihnen angeschlossen. Die Organisatorin konnte sogar deutsch und auch die anderen spanischen Mädchen waren super nett. Ich bin dann gemeinsam mit der Gruppe durch den Security Check gegangen und war, denn bei Elena und ihren Freundinnen, bis sie zu ihrem Gate mussten. Ich bin also auch zu meinem Gate gegangen und habe einen schönen Platz am Fenster bekommen, den ich dann aber später verlassen musste, weil der Platz abgesperrt wurde. Die Zeit, die ich dann noch warten musste, weil mein Flug Verspätung hatte, habe ich damit verbracht, mit ein paar Leuten zu telefonieren, die ihre Freizeit damit verbracht haben mir Gesellschaft zu leisten. Im Flugzeug wurde der Start dann auch nochmal verzögert, weil ein eingeladener Koffer wieder aus dem Flugzeug geholt werden musste. Mit 90 Minuten Verspätung sind wir dann abgehoben.
Als wir in München dann gelandet sind, konnte ich es gar nicht glauben. Ich konnte es nicht glauben, dass ich meine Familie gleich wieder sehen würde, dass ich jetzt wieder deutsch reden kann und einfach wieder zu Hause bin. Zu Hause. Zu Hause kam schon ein Stückchen näher, als ich an der Passkontrolle war und meine erste Konversation mit einem „Servus“ begann. Innerlich musste ich total lachen. Und Grinsen. Nur noch ein bisschen und dann konnte ich meine Familie wieder umarmen.
Tja, zu früh gefreut.
Lufthansa wollte uns noch ein bisschen auf die Folter spannen. Es gab Schwierigkeiten beim Ausladen des Flugzeugs, weil es nicht genug Personal gab. Also saß ich noch einmal 90 Minuten vor dem Rollband und habe auf meinen Koffer gewatet – immer im Kontakt mit meiner Schwester, die nur 20 Meter von mir entfernt war. So nah und doch so fern. Wir haben schon Wetten abgeschlossen, ob ich meinen Koffer heute noch (am 23.) oder zu Weihnachten bekommen würde. Zehn Minuten vor Heiligabend hatte ich dann endlich meinen Koffer in der Hand und konnte zu meiner Familie gehen. Auf meinem Weg habe ich mein Grinsen nicht mehr aus meinem Gesicht bekommen. Die Schiebetür ging auf und da standen sie, meine Schwester und meine Mutter. Meinen Vater habe ich aber nicht gesehen. Ich mache mich auf den Weg zu den Beiden und plötzlich sind zwei Arme um mich. Da ist also die fehlende Person.
Die ersten Minuten zurück waren total surreal. Ich konnte es einfach nicht glauben, dass ich wieder bei meiner Familie war. Doch das beste von allem kam dann, also wir zum Auto gegangen sind. Im Auto hat eine echte, deutsche Butterbrezel und echtes, deutsches Leitungswasser auf mich gewartet. Das war wundervoll endlich wieder eine Brezel zu essen, ich habe es wirklich vermisst. Sehr viel später als eigentlich erwartet lag ich dann doch irgendwann endlich in meinem eigenen Bett.

An Heiligabend ging es dann nach den Vorbereitungen zu Hause und dem Krippenspiel in Osternohe, ging es dann los mit der Christmette bei uns in Schönberg. Ich habe unsere Kirche wirklich vermisst. Natürlich habe ich hier auch Kirchen, aber unsere Jakobus-Kirche ist nochmal um einiges schöner. Ich fand es wundervoll auch in der Kirche meine Freunde wieder zu sehen. Kirche verbindet, daran ist absolut nicht zu zweifeln. Freunde, Familie, Kirche – und das alles zusammen ist einfach perfekt.

Ich habe die Zeit zu Hause mit meiner Familie und meinen Freunden so gut ausgeschöpft, wie es mir nur möglich war. Aber vier Tage im neuen Jahr hieß es für mich dann wieder Koffer packen und auf zurück nach Irland. Um acht Uhr ging mein Flugzeug von München aus zurück. Gemeinsam musste ich also um fünf Uhr schon losfahren. Wir sind aber sehr gut durchgekommen und ohne Probleme sind wir dann ausnahmsweise pünktlich losgeflogen. In Dublin angekommen sollte ich dann eigentlich mit dem Bus nach Athlone fahren, bin aber im falschen Bus gelandet, obwohl ich den Busfahrer zwei Mal gefragt habe, ob ich im richtigen Bus bin. Ich bin dann letztendlich in einer Stadt gestrandet, sie eine Stunde von Athlone weg ist. Meine Gastmutter konnte mich zwar nach der Arbeit dann abholen, bis dahin musste ich mich aber noch drei Stunden in einer fremden Stadt beschäftigen. Die erste Stunde saß ich in einem Café, nachdem ich das dann aber verlassen musste, bin ich zu einer Kirche gegangen und habe mich dort hingesetzt. In der Stadt rumlaufen konnte ich nicht, immerhin hatte ich meinen Koffer dabei, es war kalt und es wurde dunkel. Da habe ich mich dann in der Kirche sicherer gefühlt. Ich war so froh, als mir meine Gastmutter geschrieben hat, dass sie da sind. Noch nie habe ich eine solche Erleichterung gefühlt. Nach einer 14 Stunden langen Reise wollte ich dann nur noch schlafen.
Das Beste, was ich mir aus Deutschland mitgenommen habe, ist Brot. Ich habe es direkt aufgeschnitten und eingefroren, damit ich möglichst lange etwas davon habe. Aber natürlich teile ich es auch mit meinen Freunden hier. Die irische Meinung über gutes, deutsches Brot ist ziemlich gespalten, das hält mich aber nicht auf jeden bissen zu genießen.
In der Schule ging es dann direkt los mit Proben für das Musical. Inzwischen wurde unsere Gruppe sogar in zwei Gruppen geteilt und es wurde ein Aufführungsabend hinzugefügt, weil wir nicht alle auf die Bühne gepasst hätten. Jeden Tag sieben Stunden probe ist ziemlich anstrengend, aber so langsam setzen sich die einzelnen Puzzleteile zusammen. Wir haben noch zwei Wochen Zeit, um alles fertig zu bekommen, was ganz schön knapp werden wird, weil einzelne Teile noch ziemlich chaotisch sind. Aber ich bin optimistisch, das wird schon werden. Die Aufführungen sind am 31. Januar und am 1. und 2. Februar. Das Datum für die vierte Show steht noch nicht fest, nachdem gestern erst beschossen wurde, dass es diese überhaupt geben wird.

Direkt nach dem Musical geht es dann weiter mit einer Woche Praktikum. Dazu werde ich wieder nach Limerick fahren und dort auf der Farm der Familie mithelfen. Ich bin sehr gespannt, wie das wird, aber bis dahin ist noch ein bisschen Zeit.

Auf meinen Instagram Account @toriiontour poste ich auch immer wieder Updat