Ein Franke auf Malta

Clemens Rachinger (Vorsitzender der Dekanatsjugendkammer) aus Weigenhofen berichtet von seinen Erfahrungen auf Malta.

 

Als Erzieher im Ausland zu arbeiten, das war schon seit Beginn meiner Ausbildung 2018 einer meiner Träume. Das er tatsächlich wahr werde könnte und das schon so bald, hätte ich nicht gedacht.

 

Die Vorbereitung:

Doch als sich letztes Jahr (Ende 2021, Anfang 2022) die Möglichkeit ergab bereits für das Berufspraktikum (5. und letztes Ausbildungsjahr) ins Ausland zu gehen, fackelte ich nicht lange und bewarb mich auf diese Gelegenheit. Als mich die ERASMUS Förderung tatsächlich annahm, begann erst die richtige Arbeit. Es ging darum, eine Stelle, die den Vorgaben entsprach, und parallel dazu eine Wohnung zu finden. Das alles gestaltete sich weit schwerer als ich es erwartet hätte. Zum Glück suchte ich nicht nur für mich allein. Eine Kommilitonin hatte sich auch für die Möglichkeit entschieden nach Malta zu gehen und so teilten wir die Suche auf. Nach 3 Monaten hatte wir beides unter Dach und Fach. Dann ging es noch um Versicherungen und andere organisatorische Dinge, die erledigt sein wollten, bevor die Reise tatsächlich starten konnte.

 

Malta: das Land:

Malta ist ein kleiner Inselstaat im Mittelmeer unterhalb Italiens. Es handelt sich um einen Archipel, das bedeutet, dass der eigentliche Staat in mehrere Inseln aufgeteilt ist. Die maltesischen Inseln sind: Malta, Gozo, Comino und noch ein paar kleine unbewohnte Inseln. Insgesamt leben auf den drei Inseln circa 520 000 Menschen. Maltas Landschaft ist von Felsen geprägt. Sandstrände gibt es zwar, sie sind aber selten. Im gesamten Mittelmeerraum (und so auch auf Malta) hat die katholische Kirche sehr viel Einfluss. Über 90% der Malteser_innen sind katholisch und sehr gläubig.

 

Ankommen und meine erste Stelle:

So richtig los ging es dann im September 2022. Als ich auf Malta ankam, wurde ich von der Hitze erschlagen. Anfang September hatte es dort noch bis zu 35 Grad. Leider gab es in dem Zimmer in dem ich mich für die ersten Wochen eigemietet hatte keine Klimaanlage, sodass ich mit den angebrachten Ventilatoren vorlieb nehmen musste, die die warme Luft, aber kaum bewegten. Meinen ersten Arbeitstag, hatte ich bereits am Tag darauf. Der Kindergarten, bei dem ich mich beworben hatte, lag in Birkirkara. Einer Stadt im Landesinneren Maltas. Von außen war kaum zu erkennen, dass es sich bei dem Gebäude um eine pädagogische Einrichtung handeln sollte. Die Frau, die mir auf mein Klingeln hin öffnete, strahlte den Stress bereits aus, den ich in den nächsten drei Wochen auch haben sollte. Der Kindergarten bestand aus einem mittelgroßen gefliesten Raum, mit einem Tisch, Stühlen und einer Handvoll Regalen, von denen die meisten allerdings leer waren. Als Spielsachen gab es eine paar Bücher, Wachsmalkreisen und jeweils eine kleine Box voller Lego und normalen Bausteinen. In diesem Raum befanden sich circa 20 Kinder, die malten, bauten oder einfach herumrannten, sprangen und laut waren. Das war mein erster Eindruck von maltesischer Kinderbetreuung. Wie sich herausstellte, war die Frau auch die einzige pädagogische Fachkraft, die für diese Gruppe zuständig war. Der Tagesablauf bestand aus: Frühstück, Spielen auf der Dachterrasse (dort gab es zum Glück wenigstens ein Planschbecken), Mittagessen und danach „Freispiel“ mit den Spielsachen aus dem Raum. Ihr Essen brachten die Kinder von Zuhause mit. Unter diesen Rahmenbedingungen glich die Betreuung der Kinder eher einer Verwaltung und Schadensbegrenzung als sinnvoller pädagogischer Arbeit. Unter diesem Aspekt und dem, dass ich auf der Insel noch niemanden kannte, fiel mir die Anfangszeit auf Malta sehr schwer. Zwar hatte ich noch eine Kommilitonin aus Deutschland dabei, allerdings ging es ihr in der Anfangszeit ähnlich. Ich fühlte mich einsam.

 

Der Wechsel:

Nach ein paar Tagen stand für mich fest: In diesem Kindergarten werde ich nicht bleiben. Immerhin hatte ich in der Zwischenzeit eine richtige Wohnung zusammen mit meiner Kommilitonin beziehen können, war dadurch wesentlich weniger einsam und hatte jemanden, mit dem ich mich über den Zustand in meiner Einrichtung austauschen konnte. Von ihr kam letztendlich auch die Idee Einrichtung zu wechseln. Sie arbeitete in einer Krippe etwas weiter westlich auf der Insel und meinte ich solle einfach mal einen Tag mitkommen und schnuppern. Gesagt getan. Nach diesem Tag stand fest, ich werde Einrichtung wechseln. Nach ein paar Absprachen und organisatorischen Vorgängen, war das zum Glück auf problemlos möglich. Großen Halt fand ich in dieser Zeit auch in der deutschen evangelischen Andreasgemeinde in Valletta. Ich hatte mich auf die Suche nach Anschluss auf der Insel gemacht und war auf die Website der Gemeinde gestoßen. Kurz darauf hatte saß ich auch schon im ersten Gottesdienst in Valletta. Die Gemeinde nahm mich auf, als wäre ich schon ewig bei ihnen und gab mir so ein wenig Halt in der sonst so turbulenten Anfangszeit im neuen Land.

 

Meine zweite Stelle:

Rückblickend betrachtet, markiert der Wechsel in die neue Einrichtung den Wendepunkt meines Auslandsaufenthaltes. Zusammen mit meiner Kommilitonin Jana ging es jetzt täglich nach Attard, der Stadt, in der auch der maltesische Präsident seinen Wohnsitz hat. Dort befand sich meine neue Arbeitsstelle: eine Krippe. Es handelte sich um ein großes Haus im maltesischen Baustil, in dem vier Gruppen untergebracht waren. Insgesamt werden dort circa 50 Kinder im Alter von einem halben Jahr bis drei Jahren betreut. In dieser Einrichtung wurde ich wesentlich freundlicher aufgenommen und bekam auch mehr Vertrauen entgegengebracht als in der ersten. Zwar war die Pädagogik nach wie vor bei weitem nicht so gut wie in Deutschland, aber zu mindestens gab es ein Konzept, nachdem gearbeitet wurde. So gab es jede Woche ein Wochenthema, zu dem passende Angebote gemacht wurden. Für jede Gruppe fand zusätzlich jede Woche eine Musikstunde statt. Das Team der Krippe war insgesamt noch sehr jung und so entstand eher ein freundschaftliches, statt einem kollegialen Verhältnis.

 

Auch neben der Arbeit nahm das Leben auf Malta mit dem Einrichtungswechsel mehr Fahrt auf. Ich entdeckte das Erasmusnetzwerk der Universität Malta und fand auf diese Art Freunde auf der Insel. Durch den neu gewonnenen Anschluss an der Uni und in der Arbeit, fiel mir das Leben auf der Insel wesentlich leichter. In den kommenden Wochen bestand mein Leben daraus, die Malta zu entdecken und am Wochenende ab und zu mal feiern oder in eine Bar zu gehen. Und auch den Kontakt zur deutschen Gemeinde verlor ich nicht. Sie war von Anfang an mein Begleiter und das änderte sich auch den Rest der Zeit auf Malta nicht mehr.

 

In der Arbeit gewann ich mit der Zeit zunehmend an Vertrauen und Selbstbewusstsein und schaffte es mich in den Krippenalltag immer mehr selbst einzubringen. So brachte ich zum Beispiel immer wieder meine Gitarre mit und sang gemeinsam mit den Kindern im Morgenkreis Lieder. Dennoch wurden meine Kommilitonin und ich nicht als vollwertige Mitglieder des Teams angesehen. Wir hatten nach wie vor Praktikantenstatus und durften einige Dinge nicht machen. Wären wir für das Anerkennungsjahr für Erzieher_innen in Deutschland geblieben, würde unser Aufgabenbereich dem ausgebildeter Erzieher_innen gleichen. Auf Malta durften wir nicht wickeln, Kinder den Eltern übergeben oder annehmen und von einem eigenen Schlüssel zur Einrichtung will ich hier gar nicht sprechen. Trotzdem fühlte ich mich in der Krippe zunehmenden wohler und auch meine Kolleginnen wuchsen mir in dieser Zeit sehr ans Herz.

 

So lebte ich mich auf der Insel ein und wie es oft so ist, verging die Zeit schneller als erwartet. Über die Monate hinweg, erlebte ich viel. Ich wurde von verschiedenen Freund_innen aus Deutschland besucht, ging im November noch Klippenspringen und schwimmen im Mittelmeer, wir zelteten auf Comino, half in der Gemeinde mit und genoss mit Freunden die warmen Sonnenuntergänge auf dem Flachdach unserer Wohnung. Im Dezember stand in der Arbeit stand das Weihnachtskonzert an. Für mich war eine große Freude, als die Chefin auf mich zu kam und mich fragte, ob ich Lust hätte während des Konzertes Gitarre zu spielen. Ein paar Wochen später, wurden Jana und ich gefragt, ob wir nicht Lust hätten mit zur Team Weihnachtsfeier zu kommen. Diese kleinen Aufmerksamkeiten von Seitens der Arbeit, gaben mir noch einmal mehr das Gefühl komplett auf der Insel angekommen zu sein.

 

Inzwischen bin ich wieder zuhause und blicke zurück auf fünf Monate voller Erinnerungen zurück. Gute wie schwere Zeiten habe ich hinter mir. Zwar konnte ich aus pädagogischer Sicht nicht allzu viel dazulernen, doch persönlich bin ich an mir gewachsen.

 

Zum Abschluss kann ich nur sagen:

Malta ich habe dich ins Herz geschlossen. Danke für alles.